Die Meinung eines Kunden

 
  Uwe G., Deutschland, 16" Newton  
 

Meine ersten Erfahrungen mit dem ADC-Compact von Martin Gutekunst 22.11.2020

 
 

Zuerst ein paar einleitende Worte

 
 

Die atmosphärische Dispersion ist mir seit vielen Jahren bekannt. Diese habe ich schon oft an Sonnenflecken, Mond und an den Planeten sehen können. Doch irgendwie sah ich nie die Notwendigkeit etwas dagegen zu unternehmen. Oder ich habe dieses Phänomen bisher falsch eingeschätzt und eher dem Seeing zugeschrieben, anstatt einem „dauerhaften“ Fehler, welcher durch die Erdatmosphäre verursacht wird.

Ich weiß noch, dass ich in der Oppositionsperiode 2019 Jupiter und Saturn fast gar nicht beobachtet hatte, weil ich zu mir selbst sagte, dass es durch den tiefen Stand und die Horizontnähe, so oder so keinen Sinn machen würde, die Planeten zu beobachten.

In der Oppositionsperiode 2020 kam es, dass ich des Öfteren einen recht frühen Blick auf Jupiter und Saturn warf, also noch vor der Dämmerung. Dabei stellte ich fest, wahrscheinlich verursacht durch die stabilen Hochwetterlagen, dass Jupiter und Saturn selbst in der Höhe von ca. 20° über Horizont ein recht ruhiges und gutes Bild zeigten. Und so konnte ich mit einem 10“ Newton gelegentlich bis ca. 250x vergrößern und war überrascht, was ich in einer Höhe von 20° zu sehen bekam. Und das war aus meiner heutigen Sicht bzw. Erinnerung der Zeitpunkt, an dem mir besonders deutlich auch die atmosphärische Dispersion als störend ins Auge viel. Und so kam es, dass ich mich intensiver mit dem Thema beschäftigte. Dabei fand ich irgendwann im Internet den AME-Vortrag von Martin Gutekunst. Und als ich diesen so studierte, da viel es mir wie Schuppen von den Augen!

 
  Die atmosphärische Dispersion erzeugt nicht einfach nur Farbränder am Planetenrand, sie zieht das ganze Planetenbild zu einem Spektrum auseinander und erzeugt so eine farbliche Unschärfe, welche nur durch einen ADC wieder korrigiert werden kann. Das fiese daran ist, dass die atmosphärische Dispersion einen grundsätzlichen und dauerhaften Fehler darstellt. Je nach Horizont bzw. Objekthöhe steht dieser Fehler vor allen weiteren möglichen Fehlern, denn schließlich ist die Erdatmosphäre immer vorhanden.  
  Schaut man sich einmal die Meridianpassagen der Planeten an, so kulminiert Saturn alle 30 Jahre in 60° Höhe, Mars ca. alle 16 Jahre und Jupiter ca. alle 12 Jahre. Man hat also als Sternfreund nicht viele Gelegenheiten die Planten unter "optimalen Bedingungen" zu beobachten. Und selbst in einer solchen Höhe würde man es nicht unter 0,7 Bogensekunden schaffen. Ich finde schon alleine aus diesen Zahlen sollte dem passionierten Planetenbeobachter klar werden, dass ein ADC eine absolute Notwendigkeit ist.

Ein weiteres Argument für den ADC ist die Farbreinheit bzw. Farbtreue. Der Farbreinheit kommt bei der Planetenbeobachtung eine besondere Bedeutung zu, denn die Planeten zeigen viele Farben und „Farbe“ erzeugt kontrastähnliche Qualität. Häufig sind Planetendetails wie z.B. auf Jupiter in ähnlicher Farbintensität eingebettet, wie z.B. blau-graue Details in einem weißen Band, oder unterschiedliche braun-rot-Einfärbungen in Bändern und Ovalen. Der Grad der Erkennbarkeit solcher Details hängt also entscheidend und maßgeblich von der Farbdifferenzierung und deren Kontraste ab. Und genau dieser Sachverhalt geht je nach Zenitdistanz durch die atmosphärische Dispersion verloren.

Oft sind auch Details gemessen an der Planetengröße riesengroß, also mehrere Quadrat Bogensekunden groß, jedoch visuell fast unsichtbar und zur gleichen Zeit kann man diese dann auf Fotos von Astrofotografen sehen. Das liegt daran, dass die Astrofotografen die atmosphärische Dispersion mit dem LRGB-Verfahren teilweise umgehen und so die Details trotzdem erfassen können oder sie verwenden ebenfalls einen ADC für die Astrofotografie.

Jedenfalls hatte ich dieses Jahr am Mars 2020 mit einer weißen und blauen Dunstwolke mein Aha-Erlebnis. Diese war am Nordpol ca. 3x10 Bogensekunden groß und ohne ADC nur als ein grau-bräunliches „Etwas“ eher zu erahnen als sicher zu Sehen. Also drehte ich am Einstellknopf des ADCs und siehe da, die Wolke war schneeweiß und ganz einfach zu sehen. Ich freute mich nicht nur darüber, dass ich nun dieses Detail so einfach zu sehen bekam, sondern es veränderte auch den ästhetischen Gesamteindruck des ganzen Planeten.
 
 

Nun aber zum ADC

 
  Der Service und die Beratung vorneweg sind absolut vorbildlich! Herr Gutekunst beantwortet bereitwillig jede Frage, gibt Hintergrundinformationen zu dem ganzen Thema der atmosphärischen Dispersion und deren Korrektur und belegt dies mit eigenen Messungen und Grafiken.

Ausgepackt macht der ADC einen sehr hochwertigen Eindruck. Die T-2-Gewinde laufen sauber und spielfrei. Die Rändelauflagen sind sehr griffig. Durch die integrierte Kugellagerung laufen der Einstellknopf und die Prismenverstellung butterweich. Die 48mm Ringschwalben lassen sich auch mit schwerem Zubehör wie z.B. mit einem Binokularansatz leicht verstellen und klemmen. Diese erleichtern auch später die notwendige Horizontausrichtung und deren Feststellschrauben befinden sich genau am richtigen Platz. Die Keilprismen sind sauber, klar und schimmern in einer dunkelblauen Vergütung. Der freie optische Durchlass beträgt 28mm.
Die Handhabung am azimutal ausgerichteten Teleskop gestaltet sich sehr einfach. Man bewegt das Teleskop auf und ab, also vom Horizont Richtung Zenit, und beobachtet wie die Objekte durch das Gesichtsfeld am Okular laufen. In dieser Achse richtet man den ADC mit dem Einstellknopf aus.

Der ADC von Gutekunst arbeitet mit zwei planparallelen Platten bzw. mit 4 Prismen in zwei Gruppen, jeweils mit zwei unterschiedlichen Glassorten. Dies ermöglicht eine vollständige Korrektur der atmosphärischen Dispersion und das Beobachtungsobjekt bleibt im Gegensatz zu anderen ADCs dabei immer auf der optischen Achse.

Die ersten Beobachtungen fanden ausschließlich mit dem Baader-Großfeldbinokular, dem ADC und der APM-Düring Koma korrigierenden Barlowlinse 2.7x statt. Diese Kombination hat mit dem ADC einen Backfokus von ca. 150mm, was dann rechnerisch in etwa 3.4x entspricht. Zum Einsatz kam der ADC an unterschiedlichen Newton-Teleskopen, mit 10“, 12“ und 16“ Öffnung. Achtung! Eventuell kann bei anderen Newton Teleskopen der Fokus zu knapp bemessen sein, für die Nutzung mittels ADC und Binokular Ansatz?
 
 

Der Sterntest

 
  Ein auf den Horizont ausgerichteter künstlicher Stern zeigt eine perfekte Justage des ADC zu dessen Einstellknopf. Bei Horizontstellung des ADC steht das Spektrum exakt 90° vertikal ausgerichtet.

Der Sterntest am Himmel zeigt keinerlei Bildverschlechterung durch den ADC. Es ist, als wäre kein weiteres optisches Element eingefügt worden.
 
 

Am Himmel

 
  Beobachtet wurden mehrmals Mond, Jupiter, Saturn und Mars, auch zum Teil mit recht gutem Seeing.
Hierbei stellte sich sehr schnell ein allgemeiner visueller Eindruck ein:

• Das Planetenbild erscheint auf Anhieb schärfer und kontrastreicher.
• Das Planetenbild erscheint heller.
• Das Planetenbild erscheint weißlicher, weiß ist weiß und nicht leicht gelblich oder grau wie ohne ADC.
• Die Planten und der Mond erscheinen, als wenn sie deutlich höher durch den Meridian laufen würden.
• Die Kantenschärfe nimmt deutlich zu. Planetenschatten und Krater- und Planetenränder grenzen sich scharf und deutlich ab.
 
 

Der visuelle Eindruck an Mond und Planeten

 
  Saturn bei ca. 19-20° AZ/H
- Die Ringe erscheinen weiß und grau auslaufend zur Planetenkugel. A,B,C-Ring sind deutlich zu trennen.
- Die Cassiniteilung erscheint breit und scharf abgegrenzt zu den Ringen.
- Auf den Ringen erscheint scharf der Planetenschatten.
- Das Äquatorband (Bauchbinde) erscheint gelblich und scharf abgegrenzt gegenüber der Planetenkugel welche beige bis hellbraun erscheint.

Jupiter bei ca. 17-18,5° AZ/H
- Die Zonen EZ, STrz und NTrz erscheinen weiß und nicht gelblich. Der ganze Jupiter scheint heller und weißer als ohne ADC.
- Das SEB-Band erscheint zweigeteilt in ein bräunliches und ein gelbliches Band.
- Im EZ sind blau/graue Strukturen zu erkennen, welche ohne ADC nicht sichtbar sind.

Mond ein paar Mal bei ca. 25-35° AZ/H
- Auch am Mond ist es fantastisch, wie sich der Farbsaum am Mondrand und an Kraterwänden wegdrehen lässt. Die Randgebirge heben sich scharf vom schwarzen Weltraum ab. Man sieht nur noch die Luftunruhe und die Mondoberfläche, keine Farbränder mehr an hellen Kratern
- Die Mondoberfläche erscheint irgendwie anders, nochmal schärfer und plastischer wie ich es sonst gewohnt bin.

Mars konnte ich nun bis zum Ende dieses Berichtes ca. 15x beobachten, bei ca. 40-45° AZ/H
- Auch hier ganz andere Farben! Ein viel satteres orange und die Albedo Strukturen sind in Verschiedenen braun-rot Tönungen zu erkennen. Besonders im 16“ Newton konnte ich bei Vergrößerungen von 302-362fach ein paar Mal deutliche Farbunterschiede und Farbverläufe in den Albedo Strukturen erkennen vor allem zu der Polregion.
- Am 30.09. am Westrand eine bläuliche Dunstwolke.
- Am 24.10. war am Nordpol eine graue Dunstwolke zu sehen, welche durch drehen am ADC rein weiß herauskam.
Allgemein entstand in dieser Mars-Opposition, mit dem ADC der Eindruck das Atmosphärenstrukturen wie Nebel, Dunst und Wolken einfach deutlicher und Farbintensiver zu sehen waren als sonst
- Auch habe ich gemerkt, dass auf der Marsscheibe die Details einfach so zum Sehen sind. Früher habe ich oft mit Filtern herumexperimentiert und habe immer gemeint, dass ein Neodymiumfilter am Mars etwas bringen würde. Doch mit dem ADC sind die Oberflächendetails auch ohne Filter klar zu erkennen, ohne eine unnatürliche Einfärbung eines Filters.
 
 

Ein kleines vorläufiges Resümee

 
  Als passionierter Planetenbeobachter muss ich gestehen, dass diese wenigen Beobachtungsnächte mich schon voll und ganz von der Notwendigkeit eines ADCs überzeugt haben. Der ADC macht wirklich den Unterschied von zum Teil Sehen und Nichtsehen. Gerade bei den zurzeit niedrigen Planetenoppositionen holt der ADC noch einmal ordentlich was raus und ich bin schon gespannt auf höhere Mond- und Planetenstände, in denen dann auch das Seeing nochmals deutlich besser sein wird. Auch freue ich mich schon darauf an der schmalen Venussichel die störenden Farbsäume einfach wegdrehen zu können.

An dieser Stelle ein recht herzliches Dankeschön an Martin Gutekunst, der mit dem ADC-Compact ein wirklich tolles, um nicht zu sagen ein perfektes Produkt und ein nahezu unverzichtbares Zubehörteil geschaffen hat!
 
  Uwe G.